Vernetzung und Netzwerke sind die deutlichsten Zeichen einer Zeit, die unsere Welt immer schneller und immer mobiler macht. Grenzen verschwinden, Massstäbe passen sich an und hinterlassen soziale Strukturen, die sich kaum mehr an geografischen Gegebenheiten orientieren sondern einer eigenen Dynamik folgen. Die Realität wird zum Geflecht von Verbindungen mit neuen Regeln und Gesetzen.
Die Welt der Kunst ist ein solches Geflecht. Und gleichzeitig eines der besten Beispiele für eigene Regeln und Gesetze. Das Netz ist hier besonders dicht. Die Dynamik ist diejenige einer eigenen Konjunktur, die nur bedingt mit der Weltwirtschaft zusammenhängt. Die Verbindungen, selten niedergeschrieben und noch seltener exakt definiert, sind für Angehörige des Netzwerks dennoch nachvollziehbar, absolut und unumstösslich. Künstler sind mit Galerien verbunden, Galerien mit Sammlern, dazwischen bewegen sich Agenten, Museen, Händler, und der Hofstaat aller anderen so zahlreichen Beteiligten fasst die Szene ein, bildet eine Grenze gegen aussen, die nur über Kontakte nach innen, Verbindungen eben, überwunden werden kann. Fixiert nur in der Wahrnehmung der Mitglieder des Netzes werden die Verbindungen, das Geflecht, die Grenze, das Innen und das Aussen selbst zur Idée Fixe, zur imaginären Struktur, die eine ganze Realität gestaltet.
Gleichzeitig ist kein Netzwerk in einem einzelnen Zeitpunkt fassbar. Es verändert sich stetig, den eigenen Charakteristiken folgend: verschiebt sich ein Knoten, so verschieben sich sämtliche Knotenpunkte mit. Ständig entstehen neue Verknüpfungen, und ständig lösen sich Verbindungen auf, die nicht mehr in Gebrauch sind. Jedes Netzwerk hat neuronalen Charakter, Synapsen werden gebildet und gekappt. Das Gehirn selbst ist das Gefäss für einen Prozess, der sich jeder momentanen Reproduktion verwehrt, weil die Fixierung in der Abbildung selbst bereits den Prozess verändert. Genau diese Veränderung kann auch zur Motivation werden, den Prozess durch die Momentaufnahme zu ordnen und ihn eben dadurch gezielt zu verändern: die Auflösung einer Idée Fixe.
Idea Fixa hebt die Momentaufnahme eines Netzwerks aus ihrer Virtualität heraus. Macht einen Querschnitt durch eine Ebene der Kunstwelt. Dokumentiert Verbindungen. In einer Stadt wie Basel, in der jährlich für eine Woche sämtliche Fäden der Kunstwelt zusammenlaufen, die zum einzelnen grossen zentralistischen Mittelpunkt des weltweiten Netzwerks der Kunst wird.
Fünfzehn Künstler sind ausgestellt, die diesem Netzwerk seinen Charakter verleihen. Das Netz zieht sich durch das ganze Haus, so imaginär und unfassbar es ist. Wie ein Spinnennetz, dessen Fäden man erst bemerkt, wenn man sie fühlt, wenn man sie passiert. Genau so funktioniert Idea Fixa: die Knotenpunkte und Verbindungen der ausgestellten Objekte und Akteure sind zwar weder dokumentiert noch fixiert, und doch kreiert die Kuration durch das Zusammenspiel zwischen einer fast alltäglichen Wohnsituation und dem dazugehörigen Netzwerk das komplette Universum aller Bindungen und schafft Nähe und Vertrautheit. Die Synapsen dieses Geflechts werden fühlbar, begehbar und erlebbar und können doch nie konkret festgehalten werden. Jeder Künstler, jedes Werk ist selbst wieder Mittelpunkt eines eigenen Netz- und Regelwerks, Ausgang- und Endpunkt für Verbindungen, die durch Idea Fixa dokumentiert und damit aufgelöst und neu definiert werden, Bindeglied zwischen dem hier erlebten Netzwerk und allen damit zusammenhängenden anderen Netzen, Schnittmenge und Zentrum zugleich.
Idea Fixa ist die Repräsentation des Unabbildbaren. Die Sichtbarmachung eines flüchtigen Moments, in welchem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft stattfinden, nicht gleichzeitig sondern jenseits der Zeit, und der sich mit der Rezeption bereits wieder verändert. Jeder Besucher, jeder Akteur wird zum Teil eines neuen Prozesses, der genau hier und jetzt geschieht, als möglicher Phönix aus der Asche des Aufgelösten, als neue Destination. Die Idée Fixe einer Realität, die aufgebrochen wird durch sich selbst. Die Auflösung einer Idée Fixe als fixe Idee.